Wie geht Trigema-Inhaber Wolfgang Grupp mit der Corona-Krise um?
Burladingen. Seit kurzem bereichert Trigema als Markenhersteller das Sortiment bei Nortex, besonders im Bereich Sport-, Freizeit- und Wellness-Bekleidung. Wolfgang Grupp führt das schwäbische Unternehmen mit Produktion in Deutschland seit 1969: Stets mit einem Ziel vor Augen – gerade in Zeiten der Pandemie.
Herr Grupp, ein gutes Jahr währt die Krise nun schon – wie erleben Sie diese Zeiten?
Wolfgang Grupp: Es ist die verrückteste und schwierigste Krise, die ich je mitgemacht habe. Aber: Wir haben sie bisher sehr gut überstanden. Warum? Weil wir in Deutschland produzieren, vor Ort, und damit sehr schnell reagieren und unsere Produktion auf die Herstellung von Masken anpassen konnten. Auch im zweiten Lockdown waren unsere Geschäfte bis zum achten März geschlossen. Das war sehr gravierend, da wir in diesen Geschäften wöchentlich bis zu einer Million Euro Umsatz machen.
Trigema stellt Sport- und Freizeitbekleidung her. Wie wirkt sich die Krise aus?
Es ist schwierig. Wir fertigen ein Produkt, das kurzfristig keiner braucht, weil alles im Überfluss da ist. Wir leben davon, dass die Leute sich den Luxus erlauben, sich einmal etwas Neues zu kaufen – obwohl sie es nicht bräuchten. In einer Krise mit Lockdown ist das schlecht: Die Leute wollen die Kleidung sehen, anfassen, anprobieren. Wir haben 100 Prozent Eigenkapital und Reserven, wir können die Krise aus Eigenmitteln bestreiten. Aber irgendwann muss es auch wieder Licht im Dunkeln geben.

anzüge von Trigema begehrt. Foto: Trigema
Was lässt sich aktuell gut verkaufen?
Jogginghosen und Schlafanzüge laufen im Moment sehr stark.
Sorgt die Krise für ein Umdenken in der Branche?
Was die Pandemie ganz entscheidend mit sich gebracht hat, ist die Wertschätzung der Produktion in Deutschland. Das ist ideal, denn so kann ich innerhalb kürzester Zeit entscheiden, dass wir ein anderes Kleidungsstück fertigen als geplant. Wir haben eine vierstufige Produktion: Wir kaufen das Garn, bleichen oder färben es selbst, konfektionieren, sticken und veredeln. Wir liefern binnen 24 Stunden genau dann, wenn der Kunde es braucht – auch an Nortex. Diese Flexibilität setze ich seit Jahrzehnten um. Nicht klagen, sondern machen! Das ist entscheidend.

haft für den Grundsatz, selbst aktiv zu sein. Foto: Trigema
Was hält die neue Kollektion für Frühling / Sommer 2021 bereit?
Wir bieten eine Kollektion im maritimen Stil an, das ist bei uns traditionell ein wichtiges Thema im Sommer. Dann haben wir den Bereich der Polohemden stark ausgeweitet, beispielsweise mit Ringel-Dessin und figurbetonten Schnitten. Dazu kommen All-over-Drucke, und ganz neu im Sortiment haben wir eine Badehose aus recycelten Plastikabfällen.
Haben Sie einen Favoriten aus dem Trigema-Sortiment im Kleiderschrank?
Ich muss Ihnen gestehen, dass ich selbstverständlich Unterwäsche von Trigema anhabe … (schmunzelt). Aber ich trage kein Polohemd und auch kein T-Shirt. Früher trug ich beim Joggen natürlich einen Trigema- Jogginganzug, aber jetzt mit 79 Jahren muss ich das ein wenig einschränken. Im Schrank habe ich maßgeschneiderte Hemden und Anzüge – ich kleide mich ja nicht für mich, sondern aus Respekt und Achtung für mein Gegenüber.
Was verbinden Sie mit Schleswig-Holstein?
Ich habe Testgeschäfte in Büsum, Neustadt und St.- Peter-Ording. Diese besuche ich jedes Jahr ein oder zwei Mal. Im Herbst laden mich Freunde regelmäßig nach Schleswig-Holstein zur Jagd ein. Die Gegend ist wunderschön und ganz anders als bei uns!

Trigema und Nortex – passt das gut zusammen?
Ich glaube schon; Nortex ist sicher ein guter Kunde und auch inhabergeführt. Das ist etwas, was ich sehr schätze: wenn die Verantwortung noch direkt beim Inhaber liegt.
Trigema gibt es seit 1919. Woher rührt der Erfolg?
Ich habe, als ich 1969 ins Unternehmen kam, versucht, Trigema zur Marke zu machen. Und mit T-Shirts angefangen: den Trend dazu hatte James Dean in den USA geprägt. Die Mode schwappte rüber nach Deutschland, kurz darauf gefolgt von der Batik-Welle. So sind wir Deutschlands größter T-Shirt-Hersteller geworden. Aber Erfolg zu haben ist keine Kunst: Die Kunst besteht darin, den Erfolg durchzustehen! Das Wichtigste ist, konstant den Wandel am Markt zu erkennen.
Was war für Sie die schwierigste unternehmerische Entscheidung?
Es war wichtig, die Probleme der damaligen Versandhauskönige früh zu erkennen – und als sie geringere Preise forderten, Nein zu sagen. Ich habe zunächst neue Kunden gesucht und gefunden, bis auch die den Preis halbieren wollten. Da habe ich gewusst: Jetzt muss ich, in einer bedarfsgedeckten Wirtschaft, selbst Geschäfte eröffnen, um nicht in totale Abhängigkeit zu geraten.

den deutschen Standort. Foto: Trigema
Warum halten Sie seit Jahrzehnten am deutschen Standort fest?
Gegenfrage: Nennen Sie mir einen Unternehmer in meiner Branche, der reicher geworden ist, nachdem er seine Produktion ins Ausland verlagert hat! Schiesser, Jockey, Götzburg und viele mehr, alle waren sie gestandene Millionäre, als sie ausschließlich in Deutschland fertigten. Dann haben sie ihre Arbeitsplätze verlagert und sind alle Konkurs gegangen. Die Produktion am Hochlohnstandort Deutschland ist problemlos möglich, wenn man weiß, dass man keine Massenprodukte, sondern ausschließlich innovative oder Qualitätsprodukte fertigen darf.
Was tun Sie, wenn Sie gerade einmal nicht arbeiten?
Ich habe zwei Mittelpunkte im Leben, das sind die große Betriebsfamilie Trigema und meine kleine Familie. Letztere ist mein Ausgleich, wenn ich von Trigema zurückkomme. Ich wohne auf dem Land in Burladingen, dort genieße ich die Natur. Und ich schwimme jeden Morgen, ob im Sommer oder Winter.
Sie stecken spürbar voller Energie – auch mit 79 Jahren. Wie kommt das?
Ich war 46 Jahre lang Junggeselle, das hat mich wohl ein wenig geschont (lacht).
Denken Sie trotzdem gelegentlich über den Ruhestand nach?
Noch nicht. Das Schönste im Leben ist nicht, täglich Geld zu zählen – sondern das Gefühl haben zu dürfen, von anderen gebraucht zu werden. Dieses Gefühl geben mir meine Mitarbeiter und meine Frau und meine Kinder. Solange man noch gefragt ist, scheint man ja noch einen gewissen Wert zu haben.
Wie wird sich Trigema in Zukunft ausrichten?
Die Zukunft kann auch ich nicht vorhersagen. Generell gilt für mich, dass Probleme sofort gelöst werden müssen, solange sie klein sind, denn dann hat man kein großes Problem. Man muss den Wandel der Zeit erkennen und sofort mitmachen, dann darf man auch positiv in die Zukunft schauen!