Zwischen Bundesrat, Einheitsfest und Familie: Ein Interview mit Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther.
Herr Günther, ihre Bundesratspräsidentschaft neigt sich dem Ende zu. Was ist gelungen, was bleibt Herausforderung?
Daniel Günther: Mit dem Digitalpakt etwa haben wir die Digitalisierung von Schulen voran gebracht – ein wichtiges Projekt. Dabei haben alle Länder haben an einem Strang gezogen. Außerdem haben wir die elektronische Unterstützung von Abstimmungen im Bundesrat auf den Weg gebracht. Bisher musste der Bundesratspräsident die Handzeichen einzeln nachzählen. Das wird künftig einfacher.
Die Mehrheitsfindung in der Länderkammer war schon mal einfacher. Welche Themen sind Ihnen hier wichtig?
Die 16 Bundesländer sind derzeit über 13 verschiedene Koalitionen im Bundesrat repräsentiert. Da ist es schon eine Herausforderung, bei Abstimmungen zu Mehrheiten zu kommen. Mir geht es vor allem darum, wieder eine schnellere Planung in Deutschland zu ermöglichen, auch mehr für den Klimaschutz zu tun, zugleich aber auch die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land voranzubringen. Und nicht erst zuletzt geht es um Lösungen beim Problem des Fachkräftemangels.
Wie fühlt es sich eigentlich an, das Staatsoberhaupt zu vertreten?
Als ich das erste Mal ein beschlossenes Gesetz unterschrieben habe, damit es in Kraft treten konnte – das war schon ein ungewohntes Gefühl! In der Regel ist es aber so, dass die Abläufe sehr gut organisiert sind, sodass ich den Bundespräsidenten eher selten vertreten musste.
Wie war Ihr erster Flug mit der Flugbereitschaft?
Wenn man vor einem Flugzeug steht, auf dem „Bundesrepublik
Deutschland“ steht und man steigt ein, das war etwas Besonderes. Ganz so groß wie es scheint, sind die Maschinen übrigens nicht. Auf einem Flug nach Angola mussten wir einen Tankstopp auf Mallorca einlegen.
Wie zeitaufwändig muss man sich das Amt des Bundesratspräsidenten vorstellen?
Für die Zeit als Bundesratspräsident hängt man ja das Amt des Ministerpräsidenten nicht an den Nagel, sondern ich nehme genauso viele Termine wie vorher hier im Land wahr. Da wäre es oft gar nicht anders gegangen, als auf die Flugbereitschaft zurückzugreifen. Zu Terminen in Berlin fahre ich meist mit dem Auto, aber es gab auch Besuche in Paris, Holland, Polen – und da ist es schon angenehm, wenn ich morgens um 9.30 Uhr vom Flugplatz in Hohn losfliege, um an einem Termin um 11 Uhr in Warschau teilzunehmen, und am Abend wieder zu Hause bin.
Bleibt Ihnen künftig neben dem Beruf als Politiker mehr Zeit für die Familie?
Meine Frau musste sich erst einmal daran gewöhnen, dass ich mich für das Amt des Ministerpräsidenten beworben habe; die Herausforderung als Bundesratspräsident war dann ja absehbar… Was Zeit mit der Familie angeht, habe einen eisernen Grundsatz: einen Tag am Wochenende blocke ich mir frei. Und das klappt in der Regel auch. Ich versuche morgens etwas später ins Büro oder zu Terminen zu fahren, damit ich unsere ältere Tochter in den Kindergarten bringen kann.
Sie rufen im Rahmen der Feierlichkeiten zur Deutschen Einheit dazu auf, sich am „Einheitsbuddeln“ zu beteiligen. Was ist das Ziel?
Wir haben die Idee entwickelt, dass man etwas Bleibendes schafft zum Tag der Deutschen Einheit. Etwas, dass andere Länder gern auch nachahmen können. Dieses Symbol, einen Baum zu pflanzen, der sich mit seinen Wurzeln fest im Boden verankert – das passt gut zum Motto des Einheitsfests „Mut verbindet“. Und wir sind beeindruckt, wie viele Menschen bei dem Projekt mitmachen: Wir sind schon bei über 90.000 Bäumen – und täglich rufen noch mehr Menschen an, um sich hier zu engagieren.
Apropos Wald: Haben Sie als Ministerpräsident einen Tipp, welches Ziel jetzt im Herbst einen Ausflug wert ist?
Da fallen mir sehr viele ein in Schleswig-Holstein (lacht). Aber wenn ich eines nennen soll, dann die Hüttener Berge. Das ist ein wirklich toller Naturpark bei mir um die Ecke, der zu herrlichen Spaziergängen einlädt. Hier bin ich oft mit meiner Familie unterwegs.
Ein Ort, an dem Sie noch nie waren, aber immer schon einmal hin wollten?
Im Norden habe ich so ziemlich alles abgehakt: die Inseln, die meisten Halligen, die Küsten. Von den 1106 Gemeinden habe ich zwar noch nicht alle besucht, aber es gibt andererseits auch keine Ecken, die ich als Ministerpräsident noch nicht besucht habe. Andersherum könnten wir es machen: Es wäre spannend, wenn ich von den Leserinnen und Lesern einen Tipp bekäme!
Vor Kurzem war die dänische Königin Margrethe zu Besuch im Norden – wie haben Sie sie erlebt?
Sie ist ein sehr nahbarer Mensch, und es war eine sehr angenehme Begegnung, für die ich mir bewusst sehr viel Zeit genommen habe. Wenn das Staatsoberhaupt von Dänemark zu Besuch ist in Schleswig-Holstein, dann gehört ein Ministerpräsident auch an ihre Seite – bei der engen Bindung, die wir an das Land haben. Wir hatten gemeinsam viele spannende Begegnungen und bei den Abendessen die Gelegenheit, ausführlich miteinander zu sprechen; etwa über die anstehenden Feierlichkeiten zum Jubiläum der Volksabstimmung über die Grenzziehung vor 100 Jahren. Das habe ich wirklich genossen.
Als Ministerpräsident soll man immer auch Vorbild sein – ein bekleckertes Hemd oder Jackett käme da eher nicht so gut.
Gibt es im Kleiderschrank der Staatskanzlei eine stille Reserve?
Doch, eigentlich soll ich das immer haben – ein Hemd hängt auf jeden Fall immer bei mir im Büro. Ein Anzug aber nicht… Es gab auch schon Situationen, wo wir noch schnell einen eingekauft haben. Es ist wirklich eine Herausforderung, immer das passende Outfit dabei zu haben, zum Beispiel an Tagen, wo unterschiedliche Kleidung nötig ist: etwa, wenn ich zwischendurch einmal Sport mache oder einen Fototermin mit legerer Kleidung habe. Das wird dann in meinen Terminkalender eingetragen, damit klar ist, welche Kleidung der Tag erfordert.
