Das Glück in uns

Sinnvolle Arbeit, gesunde Lebensweise, Sport und Ehrenamt, unsere DNA: Warum wir Schleswig-Holsteiner im „Glücksatlas“ stets die Nase vorn haben – und was uns wirklich zufrieden macht.

Kiel. Einmal im Jahr wird der neue „Glücksatlas“ veröffentlicht – in der Umfrage geht es darum, wie die Menschen in den einzelnen Bundesländern ihre Lebenszufriedenheit bewerten. Schleswig- Holstein nimmt dabei seit vielen Jahren einen Spitzenplatz ein: auch im Jahr 2022 führte „der echte Norden“ die Tabelle an, gefolgt von Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Warum ist das so?

Dazu forscht Uwe Jensen, Professor an der Kieler Christian-Albrechts-Universität. „Unter Wissenschaftlern besteht eine Einigkeit, dass das zu etwa 50 Prozent an den Genen liegt. Kurz gesagt: es gibt einen genetischen Vorteil für die Menschen, die in Skandinavien leben oder mit Menschen dieser Länder verwandt sind“, so Jensen. Der Professor lehrt am Institut für Statistik und Ökonometrie an der Christian- Albrechts-Universität und untersucht, welche Umstände unsere Lebenszufriedenheit beeinflussen.

Professor Uwe Jensen forscht und lehrt an der CAU Kiel – auch zum Thema Glück und Lebenszufriedenheit. Foto: Nortex

„Glück hat mehrere Aspekte“, sagt er: „Es gibt das Zufallsglück, etwa, wenn ich einen 10-Euro-Schein gefunden habe. Es gibt das kurzfristige Glück, wenn beispielsweise die Sonne scheint und man sich wohl fühlt, das ist etwas Emotionales. Worum es in unserer Forschung geht, ist etwas anderes: Hier geht es um langfristige Zufriedenheit.“

Das Glück liegt – teils – in der DNA

Im Mittel haben demnach die Schleswig-Holsteiner mit höherer Wahrscheinlichkeit eine genetische Verwandtschaft zu Menschen in Dänemark als beispielsweise die Menschen in Sachsen. „In meinem Fall stammt die Mutter aus Ostpreußen, mein Vater kam aus Angeln. So trage ich Gene, die in dieser Beziehung vorteilhaft sind“, erläutert Jensen. Denn damit einher gehe eine „Veranlagung zum Zufriedensein“, dank der man Dinge auf eine Weise betrachte, die glücksfördernd sei, so der Wissenschaftler.

Ein Storch mit zwei Storchenküken im Nest: Die Vögel gelten als Glücksbringer – und sind an vielen Orten in Schleswig-Holstein zu sehen. Foto: TASH

Ein wichtiger Faktor sei zudem die emotionale Stabilität eines Menschen – und die lasse sich messen, so Jensen. Er untersucht dafür die Daten des „sozioökonomischen Panels“, einer jährlichen wissenschaftlichen Studie in Deutschland. „Von unserer Mentalität sind wir da einfach ein bisschen cooler, während andere sich eher aufregen“, und fügt schmunzelnd hinzu: „Sturm ist hier eben erst, wenn die Schafe keine Locken mehr haben!“

Gelassen und glücklich im Norden

Was macht ein glückliches Leben aus? Wann fühlen wir uns rundum zufrieden – und warum? Diesen Fragen geht der Kieler „Glücksforscher“ Uwe Jensen seit vielen Jahren nach. Dass die Menschen im Norden glücklicher sind, hänge zu 50 Prozent mit deren Genen zusammen, so Jensen. Die Nähe zu Skandinavien, zu den Nachbarn in Dänemark, trage dazu bei, dass die Schleswig-Holsteiner im Mittel zufriedener, gelassener und weniger anspruchsvoll seien – ideale Voraussetzungen dafür, Glück zu empfinden.

Die andere Hälfte dessen, was unser Glück ausmacht, teilt sich demnach zu rund 20 Prozent auf in meist langfristig bestehende Bedingungen, etwa, wie sehr die Person über ihre Arbeit – und auch ihr Einkommen daraus – Zufriedenheit empfindet. Dieser Bereich spiele eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft, so Jensen: „Weil die Arbeit zufrieden machen kann. Es geht darum, gebraucht zu werden, einen eigenen Bereich zu haben, in dem man etwas gestalten kann. Und dann abends nach Hause zu kommen mit dem Gefühl ‚Ich habe etwas Sinnvolles getan‘. Wer das als Arbeitgeber gut regelt, hat zufriedene Mitarbeitende.“

Raus in die Natur! Ein Ausflug ins Grüne, wie hier entlang eines Maisfelds in der Holsteinischen Schweiz, kann dem Glück auf die Sprünge helfen, so Uwe Jensen. Foto: TASH

Sport und Ehrenamt machen uns zufriedener

Auch die eigene Lebensweise schlägt mit etwa 20 Prozent auf dem Konto Zufrieden / Unzufrieden zu Buche. Bin ich aktiv, gehe raus und treibe Sport? Oder liege ich zuhause auf der Couch, schaue TV und esse Chips? „Wir sind hier oben relativ sportlich,“ meint der Forscher dazu, „das ist eher glücksfördernd.“ Die übrigen zehn Prozent gehen ihm zufolge auf zufälliges Glück beziehungsweise Pech zurück.

Gut geht es uns demnach auch deshalb, weil ehrenamtliche Aktivitäten im Norden vergleichsweise weit verbreitet sind. „Dass das glücklich macht, ist etwas, was für einen naiv denkenden Ökonomen eigentlich gar nicht sein kann“, so Jensen. Wirtschaftlich gesehen sei das völlig unlogisch. Und trotzdem: Der Fußballtrainer, die Schwimmlehrerin, die sich ehrenamtlich engagieren und nach Feierabend anderen etwas beibringen, fühlen sich dadurch selbst auch ein Stück weit zufriedener – weil sie einen Sinn darin sehen.

Das eigene Glück selbst gestalten

Nicht nur die Arbeit macht uns zufrieden – dafür kann auch ein schöner Feierabend mit Picknick am Plöner See sorgen. Foto: TASH

Kann man das eigene Glück beeinflussen? „Ja, unbedingt!“, antwortet der Professor. Am ehesten gelinge das, wenn man schon früh in Bildung investiere, um dann ein gewisses Einkommen zu haben. „Und, indem man etwas für seine körperliche und geistige Gesundheit tut, also Sport treibt und raus in die Natur geht. Und sich um Familie und Freundeskreis kümmert.“ Auch Resilienz, also die Fähigkeit, Herausforderungen mit den verfügbaren Mitteln bestmöglich zu begegnen, sei wichtig: „Denn sonst leiden sie selbst am meisten – dann geraten sie wegen Dingen unter Stress, die sie ohnehin nicht ändern können.“

Der Großvater Tagelöhner, der Enkel Professor – beide auf ihre Art glücklich

Sich selbst bezeichnet der Kieler Professor durchaus als glücklich. Er habe mit seiner Ehefrau und zwei Töchtern eine wunderbare Familie, einen tollen Job, in dem er sich selbst verwirklichen kann, pflegt Hobbies wie das Tanzen. „Ich weiß, worauf man achten muss, und es fällt mir auch nicht schwer“, sagt er mit einem Schmunzeln. Und fügt hinzu: „Bin halt Norddeutscher und daher relativ gelassen – es heißt, ich hätte vieles von meinem Großvater geerbt, und der war ein netter, einfacher Mann und Tagelöhner in Angeln. Wenn man nicht schwierig ist und nachtragend, sondern bescheiden, dann kommt man damit ganz gut durchs Leben.“

Kurz-Info zum Glücksatlas:

Seit 2022 ist die Süddeutsche Klassenlotterie Partner der Glücksatlas-Studie. Demzufolge waren die Menschen in Schleswig-Holstein mit einem Wert von 7,14 Punkten in dem Jahr bundesweit am zufriedensten. Schlusslicht ist Mecklenburg-Vorpommern mit einem Index von 6,35 Punkten. Insgesamt ist die Lebenszufriedenheit in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr 2021 wieder leicht gestiegen. Mehr Informationen dazu finden sich im Internet auf der Seite der Süddeutsche Klassenlotterie unter https://www.skl-gluecksatlas.de/artikel/deutschlands-gluecksniveau-erholt-sich-nur-leicht.html